Zoo Heidelberg beendet Kuduhaltung
Die großen Kudus, elegante Antilopen mit hellbraunem Fell und großen Ohren, sind im Zoo Heidelberg künftig nicht mehr zu sehen. Mitte Februar hat das letzte Mitglied der Großen Kudu-Herde den Zoo verlassen. Leerstehen wird die Afrika-Anlage mit ihren unterschiedlichen Einblickmöglichkeiten jedoch nicht: Zebras und Blessböcke werden dort weiterhin gemeinsam mit den Perlhühnern, die ebenfalls ihren Stall im Afrikahaus haben, leben.
Die Entscheidung, die Haltung der Großen Kudus zu beenden, fiel dem Zoo nicht leicht. Die Vorteile für die Zebras und Blessböcke – mehr Platz und flexiblere Möglichkeiten des Tiermanagements – haben letztendlich jedoch überwogen. Nach dem Wegzug der Kudus kann das Zoo-Team den Stall im Afrikahaus umbauen: Viele kleine Boxen werden zu größeren Boxen zusammengelegt, welche die Tiere auch gemeinsam nutzen können. Die Tiere haben dadurch vielfältigere Aufenthaltsmöglichkeiten und profitieren von einem größeren Platzangebot. An kalten Tagen und nachts können sich die Huftiere so freier im warmen Haus bewegen.
Zudem ist das Zusammenleben von Zebras und Blessböcken einfacher harmonisch zu gestalten, als mit Kudus. Zebras treten von Natur aus eher dominant auf und zeigen anderen Tieren gerne, dass sie „der Boss“ sind – insbesondere die Hengste. Große Kudus sind in ihrem Verhalten sehr sensibel und können einem Zebrahengst, im Gegensatz zu den Blessböcken, nicht immer die Stirn bieten. „Um die Gruppendynamik zwischen Zebrastuten, Blessböcken und Großen Kudus, welche unsere Tierpfleger lange und mit viel Geduld aufgebaut hatten, nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, haben wir in den vergangenen Jahren keinen Zebrahengst mehr im Zoo Heidelberg gehalten. Das bedeutet auch, dass unsere Zebras nicht züchten konnten“, erklärt Zoodirektor Dr. Klaus Wünnemann. Mit dem Auszug der Kudus eröffnen sich hierfür neue Möglichkeiten: Noch in diesem Jahr soll ein neuer Zebrahengst einziehen und mit den drei Stuten für Nachwuchs sogen. Auch die Gruppe der Blessböcke kann sich wieder vergrößern. „Zebras und Blessböcke fühlen sich in Gruppen aus mehreren Tieren am wohlsten. Durch die Zucht können wir wieder mit größeren Gruppen arbeiten. Manchmal muss man schwere Entscheidungen treffen, um Verbesserungen zu erzielen“, sagt der Zoodirektor.
Hintergrundinformation: Warum wurde der Kudu-Bock verfüttert?
Die Situation, dass ein Zootier wie der Kudu-Bock den Tigern und Löwen im Zoo Heidelberg als Futter dargeboten wird, wirft bei manchen Besuchern des Zoo Heidelberg grundlegende Fragen auf. Nachdem sich der Zoo Heidelberg schweren Herzens entschlossen hat, die Kudu-Haltung aufzugeben, um Zebras und Blessböcken eine bessere Haltung zu ermöglichen, waren weitere Entscheidungen notwendig:
Der Zoo hat das Zuchtprogramm für Große Kudus kontaktiert und gebeten, für alle Kudus neue Halter zu empfehlen. Aufgabe des Zuchtbuchs ist es, die Transfers der Tiere zu koordinieren und zu entscheiden, welches Tier in einem anderen Zoo einen Platz in einer Zuchtgruppe finden kann. Nur so kann die genetische Vielfalt der Kudus in den Zoos erhalten werden. Die Kudu-Weibchen fanden ein neues Zuhause in anderen Zoos in Deutschland, Frankreich und der Slowakei. Für den Kudu-Bock ließ sich leider kein neuer Halter finden. Antilopenböcke können im Gegensatz zu Weibchen nicht in bestehende Herden, die bereits von einem Bock geführt werden, integriert werden. Ebenso sollte der Heidelberger Kudu-Bock keine eigene Zuchtgruppe mehr führen, da er in der Vergangenheit bereits seine Gene durch mehrere Nachkommen weitergegeben hatte. Würde er anderswo weiter zur Zucht eingesetzt würde er mit Tieren züchten, die mit ihm verwandt wären. Inzucht wollen wir in den Zoos aber vermeiden. Eine einzelne Haltung des Bocks kam ebenfalls nicht in Frage, denn Kudus leben in der Gemeinschaft mit Artgenossen.
In Abstimmung mit allen Verantwortlichen seitens Zoo und Zuchtbuch wurde die schwere Entscheidung getroffen, den Kudu-Bock zu töten und als Futtertier an die Löwen und Tiger zu verfüttern. Die Tötung erfolgte auf eine möglichst stressfreie Art und Weise: Das Tier wurde in seinem gewohnten Umfeld mit einem gezielten Schuss getötet. Ohne Vorahnung in seinem ganz normalen Tagesablauf plötzlich durch einen Kugelschuss zu sterben, ist die am wenigsten belastende Todesart für Wildtiere.