Nerzdame im Zoo Heidelberg: Nicht pummelig, sondern schwanger
Sie ist klein, braun und erscheint dem einen oder anderen vielleicht etwas rundlich: Mitte Mai 2018 ist eine neue Nerzdame im Rahmen des Artenschutzprojekts von EuroNerz e. V. in den Zoo Heidelberg gezogen. Das Projekt ist eng mit dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für den Europäischen Nerz verknüpft. Seit 2016 arbeitet der Zoo Heidelberg mit EuroNerz zusammen und leistet so einen wertvollen Beitrag zum Artenschutz bedrohter heimischer Tierarten.
Artenschutzprojekt verzeichnet erste Erfolge
Das Besondere an diesem Artenschutzprojekt ist das Konzept: Nerze sind von Natur aus Einzelgänger und sehr wählerisch bei der Partnerwahl. Um optimale Bedingungen bei der Zusammenführung der Zuchtpaare zu bieten, werden die Tiere in einer zentralen Zuchtstation in Osnabrück verpaart. Anschließend reisen die tragenden Nerzweibchen zur Geburt und Jungenaufzucht vorübergehend in andere Zoos, Tierparks oder zoologische Einrichtungen. Im Mai kam nun eine trächtige Nerzdame nach Heidelberg. Sie zog in die Anlage mit den Waschbären und wird dort – voraussichtlich im Juni – ihre Jungen zur Welt bringen. Das Zusammenleben bildet dabei kein Problem. Nerze können sich gut gegenüber den deutlich größeren Waschbären behaupten. Bis die Jungtiere groß genug sind, werden sie in einer geschützten Wurfhöhle bleiben und von der Mutter versorgt werden. Durch das Zuchtprojekt möchte EuroNerz den Bestand in Menschenhand erhalten und in enger Zusammenarbeit mit Zoos eine Gründerpopulation für Wiederansiedlungen in geeigneten Lebensräumen schaffen. EuroNerz kann bereits erste Erfolge verzeichnen: Am Steinhuder Meer in Niedersachsen startete 2010 ein gut vorbereitetes Wiederansiedlungsprojekt. Fotos von im Freiland gezeugten und geborenen Europäischen Nerzen vor Ort geben große Hoffnung für die Wiederansiedlung dieser seltenen heimischen Tiere in Europa.
Konkurrenz von amerikanischen Verwandten
Der Rückgang der Population des Europäischen Nerzes ist zum einen die Folge zu starker Bejagung und der Zerstörung seines natürlichen Lebensraums in Europa. Zum anderen erhalten die kleinen Raubtiere jedoch auch Konkurrenz aus den eigenen Reihen: Der robuste und sehr anpassungsfähige amerikanische Verwandte, der Mink, verdrängt den Europäischen Nerz: In den 1920er Jahren brachten Arbeiter mit den ersten Nerzfarmen die Minke nach Europa. Durch mangelnde Sicherung und später durch gezielten Freilassungsaktionen entkamen einige Tiere und besiedelten die Ufer deutscher Bäche und Seen, der ehemaligen Heimat des Europäischen Nerzes. „Gelingen kann auch das beste Auswilderungsprojekt nur, wenn die Bedingungen im Lebensraum stimmen“, erklärt Zoodirektor Dr. Klaus Wünnemann. „Wir möchten und müssen darüber aufklären, welche große Bedrohung für unsere Tier- und Pflanzenwelt von invasiven Arten, wie zum Beispiel den Minken und den Waschbären ausgehen kann. Der Europäische Nerz ist das gefährdetste Säugetier Deutschlands. Die besten Bestände in Europa am Donaudelta sind aktuell durch die Anlage von Minkfarmen bedroht. Hauptaufgabe ist es nun, dafür Sorge zu tragen, dass die noch bestehenden Lebensräume erhalten werden, invasive Arten aus dem Freiland entfernt werden und neue sichere Lebensräume auch in Deutschland wiederbesiedelt werden. Es steht nicht weniger als der Erhalt der biologischen Vielfalt auf dem Spiel“.
Hintergrundinfo: Europäischer Nerz
Der Europäische Nerz gehört zur Familie der Marder. Sein dichtes Fell ist gleichmäßig schokoladenbraun gefärbt, nur Schnauze und Kinn sind weiß. Nerze besiedeln dicht bewachsene, naturnahe Ufer von Fließ- und Stillgewässern sowie Sümpfe und Bruchwälder. Da sie strenge Einzelgänger sind, besetzen sie jeweils ein eigenes Revier. Mit ihren Schwimmhäuten zwischen ihren Zehen bewegen sie sich nicht nur an Land, sondern auch im Wasser flink und geschickt fort. Der Speiseplan des Nerzes umfasst kleine Säugetiere (z.B. Mäuse), kleinere Fische, Amphibien, Vögel, Wasserinsekten und Krebse.