Kletterspaß in bis zu 6 Metern Höhe
„Mit der neuen Lemurenanlage gehen wir unseren eigenen Weg, größtmögliche Qualität in der Tierhaltung mit geringstem Platzverbrauch und besten Beobachtungsmöglichkeiten für die Besucher zu verbinden: Das neue Gehege bietet den Tieren so viel nutzbaren Raum wie eine dreimal größere Freianlage“, erläuterte Zoodirektor Dr. Klaus Wünnemann. Er verdeutlichte in seiner Eröffnungsrede die Beweggründe des Zoos, sich gegen den Bau einer Lemuren-Insel und stattdessen für die neue Voliere zu entscheiden: „Die Gitter schaffen neue Reize, indem Hängematten, Seile, Beschäftigungsmöglichkeiten dort optimal befestigt werden können. Ein weiterer Aspekt, der für uns eine wichtige Rolle spielt, ist die Kontrolle der Tiere über den eigenen Lebensraum: In dieser rundum geschützten Anlage können wir den Lemuren in warmen Sommern die Wahl zwischen Innen- und Außenanlage auch nachts frei überlassen. Bei so wertvollen Tieren wie Daholo würden wir uns sicher schwertun, ihm dies auf einer Freianalage zu gestatten. Ein abbrechender Ast eines nahestehenden Baumes könnte dem Wort „Frei-Anlage“ gleich eine ganz neue Bedeutung geben“.
In den vergangenen Jahren trugen zahlreiche Spender zur Finanzierung des ca. 400.000 Euro teuren Geheges bei. Dazu zählten beispielsweise die zahlreichen Läufer, die sich mit der Teilnahme an den Affenläufen 2017 und 2018 für den Bau der Anlage engagierten. Eigenmittel des Zoos sowie Zuschüsse der Stadt Heidelberg ergänzten den Finanzierungsplan. Als die drei Lemuren neugierig die neuen Klettermöglichkeiten der sechs Meter hohen Anlage erkundeten, zeigte sich deutlich, dass sich die Investition gelohnt hat.
Bewohner erkunden neues Gehege
Sandra Reichler, Kuratorin im Zoo Heidelberg, freut sich: „Es ist toll zu sehen, wie die Lemuren ihre neue Anlage erkunden. Sie sind sehr gute Kletterer, verbringen aber einen Großteil des Tages auch mit Sonnenbaden oder Ruhepausen – dazu bietet das Gehege die besten Voraussetzungen. Beim ersten Ausflug waren die beiden Kattas noch etwas zurückhaltend, aber Daholo nutzte gleich ausgiebig die Baumstämme im Gehege und wagte Sprünge zu den höchsten Astgabeln“. Mit viel Kreativität und Engagement richteten die Tierpfleger und Handwerker des Zoos das hohe und 120 qm große Gehege mit zahlreichen stehenden und hängende Baumstämmen ein. Seile, Hängematten und Beschäftigungsmöglichkeiten, an denen die Lemuren nun ihre Kletterfähigkeiten zeigen können, erinnern im Zusammenspiel mit der üppigen Bepflanzung an einen Trockenwald auf Madagaskar. Über spezielle Verbindungsgänge zum Großen Affenhaus wechseln die Halbaffen selbstständig zwischen Innen- und Außenbereich. Für die Vorbereitung von Beschäftigungsmaterialien und für kleinere handwerkliche Arbeiten wurde im Zuge der Baumaßnahmen ebenfalls der Wirtschaftsbereich für die Tierpfleger vergrößert. Durch die großen Panoramaglasscheiben können Zoobesucher die drei Lemuren bei ihren akrobatischen Sprüngen von Ast zu Ast ungestört beobachten.
Zoo Heidelberg engagiert sich für den Schutz der Lemuren
Lemuren sind ausschließlich auf Madagaskar beheimatet, wo sie vorwiegend in den Trockenwäldern im nordwestlichen Teil der Insel leben. Die Zerstörung ihres Lebensraums lässt die Anzahl der im Freiland lebenden Individuen bedrohlich sinken. Gemeinsam mit anderen sechs europäischen Zoos unterstützt der Zoo Heidelberg im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms für Lemuren seit einigen Jahren ein spezielles Artenschutzprojekt für Kronensifakas auf Madagaskar, das Sifaka Conservation Project. Die Besonderheit des Projekts liegt im Populationsmanagement: Es wird eine Gesamtpopulation bestehend aus aktuell 20 Sifakas in Zoos und weiteren neun Sifakas in einem Freilandgebiet als gemeinsame Zuchtgruppe betreut. So sollen nicht nur Tiere aus den beteiligten Zoos, sondern auch Tiere aus dem Freiland in den Zuchtprozess integriert werden, um die notwendige genetische Vielfalt zu erhalten. Mit dem Bau der neuen, großen Außenanlage erfüllt der Zoo Heidelberg die nötigen Voraussetzungen, um das Artenschutzprojekt in Zukunft noch besser unterstützen zu können: Sobald eine Partnerin für Daholo gefunden wird, bleibt zu hoffen, dass der Zoo Heidelberg über Nachwuchs bei den stark bedrohten Kronensifakas berichten kann.